Beantwortung der Fragen
von Transparency International Berlin/Brandenburg
vom 5.7.2006

Nebentätigkeiten / Karenzzeiten

Besonders schädlich für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Verwaltung sind "Parteienfilz" und "Ämterpatronage". Um dem vorzubeugen hat Transparency drei Forderungen aufgestellt, die besonders für das Verhalten von Mandatsträgern relevant sind:

- Abgeordnete melden ihre Nebentätigkeiten, wie die entgeltliche Tätigkeit der Beratung, Vertretung fremder Interessen, Erstattung von Gutachten lediglich dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses.

Unterstützen Sie unsere Forderung nach Veröffentlichung der Nebentätigkeiten im Handbuch, wie auch im Internet?

Ja. Zusätzlich ist eine Bemerkung zum Status des Abgeordnetenhauses von Berlin erforderlich. Dieses gilt immer noch als "Feierabendparlament". Das soll dem Bürger suggerieren, hierdurch würden Kosten gespart. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Fiktion, welche die parlamentarische Kontrolle schwächt und dadurch den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt eher schadet. Ein krasses Beispiel ist die Verknüpfung von Haupt- und "Feierabend"tätigkeit des ehemaligen Abgeordneten und Bankvorstands Landowsky.

Die Tätigkeit im Abgeordnetenhaus ist eine Haupttätigkeit und entsprechend mittels angemessener Diäten zu vergüten. Im Gegenzug ist JEDE entgeltliche Nebentätigkeit mit Ausnahme der eigenen Vermögensverwaltung zu untersagen. Das gilt auch für die Arbeit im eigenen Betrieb und die entgeltliche Publizistik. Eine besondere Stelle soll Selbständige darin unterstützen, für ihren Betrieb einen geeigneten Ersatz zu finden, so dass der/dem Betroffenen während seiner Tätigkeit im Abgeordnetenhaus keine Nachteile entstehen.

Wenn Sie gegen eine Veröffentlichung sind, wie begründen Sie das?

- entfällt -

- Treten Sie dafür ein, dass Verhaltensregeln - ähnlich wie für Abgeordnete des Abgeordnetenhauses auch für Bezirksverordnete eingeführt und gesetzlich verankert werden? Dazu gehören besonders die Offenlegungspflichten.

Ja, und zwar auch für Aufträge ab einer bestimmten Größenordnung, die Selbständige annehmen. Falls zwischen solchen Aufträgen und dem parlamentarischen Auftrag ein Konflikt besteht, soll die genannte besondere Stelle behilflich sein. Diese Stelle soll auch prüfen, ob es regelmäßig zu Konflikten kommt zwischen Aufträgen von Firmen, in denen der Verordnete tätig ist und dessen parlamentarischem Auftrag. Es ist im ernsten Konfliktfall auch ökonomisch günstiger, dem Verordneten eine Beurlaubung anzuraten und Verdienstausfallentschädigungen zu zahlen, als Filz und Korruption fördernde Tatbestände hinzunehmen.

Wenn Sie gegen Verhaltensregeln für Bezirksverordnete sind, welche Gründe haben Sie dafür?

- entfällt -

Transparenoy Deutschland fordert Karenzzeiten nach dem Ausscheiden aus dem Amt von mindestens 3 Jahren von Mitglieder des Senats, Beamte und Wahlbeamte, wie Stadträte und Bürgermeister Diese Karenzzeiten sollen auch bei einem Verzicht auf Versorgungsbezüge gelten, wenn ein Zusammenhang zwischen der bisher ausgeübten Tätigkeit und der nach dem Ausscheiden aus dem Dienst beabsichtigten Tätigkeit besteht und dadurch dienstliche Interessen beeinträchtigt werden könnten.

Unterstützen Sie diese Forderung? Mit welchen Gründen lehnen Sie sie ab?

Ja. Auch hier soll die genannte besondere Stelle in Härtefällen helfen, um die erforderliche STRIKTE Karenzregelung auch rechtlich und praktisch durchhalten zu können. Bürgerinnen und Bürger, die öffentliche Ämter ausüben, dürfen gegenüber anderen nicht unangemessen benachteiligt werden.

Öffentliche Unternehmen/Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin

In der Geschichte Berlins gab es zahlreiche Affären, die in Zusammenhang mit landeseigenen Unternehmen oder Unternehmen, an denen das Land Berlin maßgeblich beteiligt ist oder war, standen. Das Land Berlin hat in der letzten Legislaturperiode einige Maßnahmen ergriffen, um derartige Fehlentwicklungen zukünftig zu vermeiden.

- Sieht Ihre Partei es für not wendig an. dass die Kontrollmöglichkeiten des Abgeordnetenhauses bezüglich öffentlicher Unternehmen oder Unternehmen mit Landesbeteiligung ausgeweitet/verbessert werden müssen? Wenn ja, wie wollen Sie dies konkret umsetzen?

Ja. Am wichtigsten ist ein uneingeschränktes Auskunfts- und Untersuchungsrecht. Beteiligungen des Landes, die dieses Recht, z.B. wegen des privatrechtlichen Charakters des betroffenen Unternehmens, ausschließen bzw. beeinträchtigen, sind zu untersagen. Entsprechendes gilt für die Umwandlung von Unternehmen in öffentlichem Eigentum.

- War die Arbeit des Unterausschusses Controlling /Beteiligungsmanagement Ihrer Ansicht nach erfolgreich und wollen Sie, dass er im neu gewählten Abgeordnetenhaus weiterhin Bestand hat? Sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten?

Das können wir nicht abschließend beantworten. Es war zumindest grundsätzlich ein begrüßenswerter Versuch. Wir vermuten allerdings, dass essentielle Auskunfsrechte nicht in erforderlichem Umfang bestanden haben. Eine Fortführung ist wünschenswert, sofern er wegen mangelnder Auskunftsrechte nicht im wesentlichen als Alibi dient.

- Wie steht Ihre Partei zu weiteren Privatisierungen von öffentlichen Unternehmen? Weicher Maßstab soll Ihrer Ansicht nach an Unternehmen gestellt werden, bei denen eine Privatisierung in Frage kommt? Wie soll Ihrer Ansicht nach eine öffentliche Kontrolle der privatisierten Unternehmen gewährleistet werden können?

Im Zusammenhang dieser Frage berührt die Transparenz, für die das oben Gesagte gilt, nur einen Teilaspekt. Nach unserer Auffassung haben Staat und Kommunen das Recht und auch die Pflicht, JEDE wirtschaftliche Betätigung aufzunehmen bzw. aufrechtzuerhalten, wenn es im öffentlichen Interesse ist. Entgegenstehende Vorgaben der EU lehnen wir ab und halten sie für verfassungswidrig. EU-Vorschriften werden jedoch teilweise auch nur als Vorwand benutzt, um einen rechtfertigenden Sachzwang zu konstruieren.

Im übrigen sind öffentliche Unternehmen effizient und - nach den Maßstäben des Nutzens für die Allgemeinheit - rentabel zu führen. Dazu sind in erster Linie Kompetenz, Motivation und Pflichtbewusstsein erforderlich. Schlendrian und Schlamperei sind auch aus privaten Unternehmen hinreichend bekannt. Im öffentlichen Bereich hat allerdings die sog. "Sparpolitik" insbesondere die Motivation nachhaltig beschädigt und hält auch kompetente Menschen davon ab, sich in öffentlichen Ämtern zu engagieren.

Vergabewesen:

Ein besonderes Problem im Vergabewesen ist, dass vielfach die gesetzlichen Bestimmungen bei einer Vernabe nicht oder nicht ausreichend beachtet werden.

- Wie wollen Sie in Zukunft garantieren, dass die Verwaltungen alle öffentlichen Vergaben nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführen?

Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen sind selbstverständlich disziplinarisch und ggf. auch strafrechtlich als Amtspflichtverletzung zu verfolgen. Dies gilt auch für vorgesetzte Stellen, die auf die Durchsetzung gesetzlicher Bestimmungen verzichten.

Hinweisgeber / Whistleblower

Der sog. Whistleblowerschutz betrifft den Schutz (anonymer) Hinweisgeber, die auf kriminelles, schädigendes oder auch unerwünschtes Verhalten aufmerksam machen. In den USA sind beispielsweise alle börsennotierten Unternehmen verpflichtet, ihren Beschäftigen die Möglichkeit zu eröffnen, vertraulich und anonym Hinweise auf illegale Finanztransaktionen, Bilanzfälschungen, Korruption oder ähnliches zu geben. Deutsche Unternehmen müssen dieser Pflicht ebenfalls nachkommen, wenn sie an US-Börsen notiert sind.

- Sind Sie dafür, eine entsprechende Regelung für deutsche und ausländische Unternehmen auch in Deutschland einzuführen?

- Wie wollen Sie die Möglichkeiten verbessern, mit denen Bürger oder Beschäftigte anonyme Hinweise über Korruptionsfälle in der Berliner Verwaltung geben können? Wie wollen Sie dabei einerseits die Anonymität des Hinweisgebers, andererseits den Schutz der Daten des Beschuldigten gewährleisten?

- Es gibt in Berlin bereits Möglichkeiten, anonyme Hinweise zu geben. Allerdings sind diese häufig nicht ausreichend bekannt gemacht. Wie wollen Sie die Publizität der Möglichkeiten für Hinweisgeber verbessern, so dass sie ihrer Funktion gemäß genutzt werden können?

Alle öffentlich Bediensteten sind konkret darüber zu informieren, dass sie entsprechende Informationen an den Antikorruptionsbeauftragten und die Staatsanwaltschaft geben können und als öffentlich Bedienstete sogar dazu verpflichtetet sind, vor gesetzeswidrigen Vorgängen die Augen nicht zu verschließen, sofern sie solche Vorgänge nicht sogar von Amts wegen verfolgen müssen.

Im übrigen muss klargestellt werden, dass Vorgänge, die gesetzeswidrig sind oder sein könnten, behördenintern offen zu erörtern sind und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine solche Erörterung verlangen, daraus keine Nachteile erwachsen dürfen.

Allgemeines

Die regelmäßige und unabhängige Unterrichtung der Öffentlichkeit ist ein wichtiges Instrument zur Herstellung von Transparenz.

- Hallen Sie ein behördenumfassendes "Lagebild Koriuption" in Berlin für denkbar, das von einem Antikorruptionsbeauftragten erstellt und dem Abgeordnetenhaus jährlich vorgelegt wird?

Ja, nicht nur für denkbar, sondern für erforderlich. Voraussetzung ist, dass der Antkorruptionsbeauftragte über eine ausreichend gesicherte Unabhängigkeit und über genügend Mittel und Personal für seine Tätigkeit verfügt. Ihm muss ferner behördenintern ein unbeschränktes dienstliches Auskunfts- und Untersuchungsrecht eingeräumt sein.

- Sehen Sie andern Möglichkeiten, die Öffentlichkeit über Tatsachen der Korruptionsbekämpfung regelmäßig und umfassend zu informieren?

Am wichtigsten ist, dass Korruption und korruptionsnahe Tatbestände (Ämterpatronage, Vetternwirtschaft, Klüngel) in weit größerem Umfang als bisher aufgedeckt werden. Dann wird auch die Presse darüber berichten.

Dr. Eckehart Ehrenberg

Sprecher

DEMOKRATISCHE LINKE
Landesverband Berlin
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