Programm
der Partei "Demokratischen Linke" (DL)

- links-alternatives Wählerbündnis -

(Fassung laut Beschluß vom 23. August 1999)

  "Die vornehmste Aufgabe demokratischer Politiker an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert wird die Instandsetzung des Staates und die Wiederherstellung des Primats der Politik über die Wirtschaft sein. Geschieht dies nicht, wird die dramatisch schnelle Verschmelzung der Menschheit durch Technik und Handel schon bald ins Gegenteil umschlagen und zum globalen Kurzschluß führen."

Hans-Peter Martin und Harald Schumann: Die Globalisierungsfalle (Reinbek 1997)

Zu unserem Selbstverständnis

Warum noch ein linkes Programm?

Wir sind nicht so vermessen, ein Programm für alle schreiben zu wollen, die sich in diesem Land als demokratische Linke verstehen. Unabhängig davon vertreten wir jedoch die Ansicht, daß es für Menschen, die in Berlin als solche fühlen und denken, an der Zeit ist, die Strukturen der bestehenden Parteien zu verlassen und einen demokratischen Diskussionsprozeß über eine neue organisatorische und programmatische Sammlung zu beginnen. Dieser Prozeß wird ganz sicher einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, und was an seinem Ende steht, können wir nicht voraussehen. Uns ist wichtig, daß dieses Vorhaben überhaupt in Angriff genommen wird - und zwar als ein Projekt von unten.

Uns geht es um die programmatische Diskussion in Verbindung mit konkreter Politik und dem praktischen Suchen von gleichberechtigter organisatorischer Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten.

Da dies nicht ohne Beachtung bestehender Strukturen möglich ist, sozusagen in einem realexistierenden Staat stattfindet, müssen wir unserem Bemühen um praktische Politik ein Mindestmaß an (gesetzlich vorgegebener) Form geben. Das schriftliche Fixieren von programmatischen Vorstellungen gehört dazu. Obwohl wir aus mehr als zwei Jahrhunderten linker demokratischer Tradition schöpfen können, müssen wir doch unterscheiden, was wir für gültig und was für Irrtum halten.

Die großen Parteien beschließen ihr Grundsatzprogramm vielleicht einmal in einem Jahrzehnt. In der Zwischenzeit interessiert sich niemand dafür; es dient allenfalls als Material für die politische Bildung. Vor allem aber halten sich die Funktionsträger und Postenjäger nicht daran. Vor Wahlen gibt es dann noch Wahl- und Sofortprogramme auf vorwiegend opportunistischer Grundlage, die aber unter sogenannten Finanzierungs- und sonstigen Vorbehalten stehen, so daß sich letztlich auch niemand daran gebunden fühlt.

All das wollen wir nicht. Positionen zu aktuellen Problemen und politische Instrumente zu ihrer Lösung müssen auf der Basis der Grundsätze ständig neu entwickelt, diskutiert, weiterentwickelt und präzisiert werden, damit daraus ernstzunehmende Leitlinien für das politische Handeln entstehen. Auch dies ist ein Prozeß. Das Programm der DL wird also fortgeschrieben und in seiner jeweiligen Fassung von der Vollversammlung bestätigt.

Warum eine Partei Demokratische Linke?

Bei der Betrachtung der bestehenden parlamentarischen Landschaft in Deutschland fallen gleich drei Parteien auf, die sich als der wahre und einzige Hort für demokratische Linke verstehen. Das Problem beginnt bereits an dem Punkt, an welchem die Mitglieder danach befragt werden, ob sie sich selbst auch als solche sehen. Die Antworten auf diese Frage dürften eine bunte Mischung von Standpunkten ergeben, deren Gesamtheit die einzelnen Organisationen zu so merkwürdigen Formationen wie Volksparteien, Regionalparteien oder BürgerInnenbewegungsparteien gerinnen läßt. Nur eine Partei, deren Mitglieder sich in ihrer Gesamtheit als Demokratische Linke verstehen und die als solche auch politisch wirksam wird, gibt es in diesem Land bedauerlicherweise nicht.

Wir wollen hier nicht weiter untersuchen, worin die Ursachen für diese traurige Wahrheit liegen. Allen, die dies anders sehen, bleibt unbenommen, sich auch weiterhin in den nervenaufreibenden innerparteilichen Grabenkriegen bei SPD, Bündnis 90/Die Grünen oder PDS zu verschleißen. Wir denken aber, daß es an der Zeit ist, die bei diesen Auseinandersetzungen vergeudeten wertvollen Kräfte endlich für grundlegende Veränderungen zur Geltung zu bringen. Dies um so mehr, als die führenden PolitikerInnen der genannten Parteien sehr heftig darum bemüht sind, die sogenannte Regierungsverantwortung übernehmen bzw. halten zu dürfen und zu diesem Zwecke den Ballast oppositioneller, demokratisch-linker Grundforderungen nach und nach über Bord werfen.

Es ist eine Tatsache, daß auf diese Weise wichtige politische Grundpositionen aus der öffentlichen Debatte und damit häufig auch aus dem gesellschaftlichen Bewußtsein verschwinden. Damit einher geht die Relativierung der Bedeutung von parlamentarischer Opposition, von gesellschaftlicher ganz zu schweigen. Wir haben in verschiedenen Parteien miterlebt, wie das Streben nach Verwaltungs- und Regierungsverantwortung zu großen Veränderungen in Parteigliederungen und Fraktionen führte, während die Herrschafts- und übrigen gesellschaftlichen Verhältnisse unangetastet blieben, ja im Gegenteil eine Anpassung an diese stattfand. Also veränderten sich diejenigen, die einst mit großen Versprechungen gut bezahlte Positionen im Establishment übernahmen - auf Kosten mißbrauchten Idealismus und Vertrauens.

Uns beunruhigt dieser Zustand auch noch aus einem nicht weniger wichtigen Grund: In einer Zeit, in der rechte Rattenfänger immer dreister und offener öffentlich auftreten, um die immer krasser werdenden sozialen Ungerechtigkeiten für ihre inhumanen Ziele nutzbar zu machen, ist das Verschwinden links eingeordneter Parteien auf Regierungsbänke und damit das Räumen der Rolle der Opposition für die rechten und Rechtsaußen-Parteien geradezu eine Katastrophe.

All dies spricht für die Notwendigkeit einer neuen demokratisch-linken Opposition. Wir gehen davon aus, daß die heute anstehenden Veränderungen mehr als nur parlamentarische Opposition in der Form von Regierungen im Wartestand verlangen. Notwendig ist eine demokratische und zugleich radikale gesellschaftliche Opposition, die nicht davor zurückschreckt, alle Herrschafts- und gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage zu stellen, ohne in totalitäres oder das ideologische Denken und Vokabular des 19. Jahrhunderts zurückzufallen.

Allerdings wollen wir auch der ewig währenden Diskussion um Partei oder Bewegung nicht den x-ten Aufguß bescheren. Parlamentarische und außerparlamentarische Opposition gehören untrennbar zusammen. Wer aber in diesem Land auf parlamentarische Arbeit nicht verzichten will, muß aus gesetzlichen Gründen zumindest eine WählerInnengemeinschaft und schließlich auch eine Partei gründen. Zugleich muß sich und andere außerparlamentarisch bewegen, wer wirklich etwas verändern möchte. Es hilft auch nicht, eine Organisation zur Bewegung zu erklären oder komplizierte Regeln zur Verhinderung von Karrierismus zu erfinden, um den Gefahren parlamentarischer Anpassungsmechanismen zu entgehen. Bestenfalls nützt das Kennen der Gefahren und ihre tabulose Benennung und Diskussion unabhängig von der Person. In dem Moment, in welchem einzelne Funktionäre sich für unverzichtbar erklären, Postengerangel und Geldbedarf wichtiger werden als der Einsatz für programmatische Positionen, hat sich das Projekt einer Demokratischen Linken ohnehin erledigt. Für diese Diskussion gilt, was wir für alle Bereiche der Gesellschaft anstreben: Weniger Paragraphen, Bürokraten und Macht für Einzelne - mehr Transparenz, Diskussion, Mitbestimmung und Verantwortung für alle.

Unsere Partei neuen Stils ist für alle offen, die sich in einer Zeit radikaler politischer und gesellschaftlicher Veränderungen in eine demokratisch-linke Opposition selbstbestimmt, emanzipiert und solidarisch einbringen wollen. Die Biographie der/des einzelnen, ihre/seine Haltung zur Geschichte, insbesondere der individuellen, interessieren uns, wichtig ist vor allem, was sie oder er heute daraus für Schlußfolgerungen zieht und an Individualität und Kenntnissen in den gemeinsamen Lernprozeß einzubringen bereit ist. Wer die Veränderung der Gesellschaft hin zu mehr Humanismus, sozialer Gerechtigkeit, Bewahrung der Natur und Selbstentfaltungsmöglichkeiten für die/den einzelnen anstrebt, muß den Möglichkeiten zur Veränderung von Menschen, ihrer Fähigkeit des Lernens aus Erfahrungen, auch den negativen, Rechnung tragen.

Opposition schafft Veränderung - vor der Berliner Wahl 1999

Obwohl wir der Auffassung sind, daß eine gemeinsam handelnde demokratisch-linke Opposition in der gesamten Bundesrepublik notwendig wäre, sind wir realistisch genug, uns zunächst auf das Einmischen in die Berliner Politik zu beschränken. Die Gründe für diese Selbstbeschränkung bedarf angesichts unserer noch kleinen Mitgliederzahl keiner näheren Erläuterung; zugleich ist dieser Umstand nicht nur von Nachteil. Berlin ist und bleibt sicher auf lange Sicht das Brennglas für gesellschaftliche Veränderungen im wieder zusammengenagelten Deutschland. Nirgendwo sonst in diesem Land ist die reaktionäre Spaltung in Ost und West so deutlich zu spüren, nirgendwo sonst mischen sich neudeutscher Größenwahn der politischen Klasse so mit tiefster Provinzialität, ideologischer Reaktion, banalstem Korruptions- und Parteienfilz und struktureller Demokratieunfähigkeit. Dieser Krebsschaden Berliner Politik hat über Jahre hinweg rechnerisch mögliche politische Alternativen zur Großen Koalition ebenso verhindert, wie er sie von Anfang an personell und inhaltlich unglaubwürdig erscheinen ließ.

Wie aktuelle Umfragen immer wieder zeigen, sieht das eine wachsende Anzahl von BerlinerInnen ebenso. Fast die Hälfte der EinwohnerInnen der Stadt traut keiner der existierenden Parteien eine Lösung der anstehenden Probleme zu. Die in zwei Wahlperioden von einer Großen Koalition forcierte Entwicklung Berlins zu einer Dienstleistungsmetropole folgt einem Stadtentwicklungsmodell, das vor zwanzig Jahren aufgehört hat, als zeitgemäß zu gelten. Die sozialen, ökologischen und stadtstrukturellen Auswirkungen der als "Sparpolitik" getarnten neoliberalen Ausverkaufspolitik haben längst bleibende Schäden für die Zukunftsfähigkeit der Stadt und ihre Bewohnbarkeit verursacht. Die Alternative einer Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen - mit oder ohne PDS - entlarvt sich leider für alle diejenigen als Farce, die sich heute die Politik der meisten VertreterInnen dieser Parteien in den Bezirksverordnetenversammlungen und in den Bezirksverwaltungen anschauen. Wir können aus eigener Kenntnis nicht an einen Reformaufbruch mit diesen PolitikerInnen glauben, wie wir generell davon ausgehen, daß jede Regierung in dieser Stadt unter den gegebenen Rahmenbedingungen Druck von links braucht.

Grundsätze und Positionen der Demokratischen Linken Liste

Grundsätze

Die DL ist den grundlegenden Zielen der politischen Linken seit der französischen Revolution verpflichtet - Freiheit, Gleichheit und Solidarität. Diese sind auch die Grundpfeiler jeder humanen Demokratie, in der die Gleichen in Freiheit mehrheitlich entscheiden, aber Minderheiten weder unterdrücken noch ausgrenzen.

Die Grundpfeiler der humanen Gesellschaft werden nicht ein für alle Mal errichtet; sie müssen ständig weiter vervollständigt und gesichert werden. In diesem Sinne bedeutet auch das Ende des sogenannten Ost-West-Konflikts nicht das "Ende der Geschichte". Die "Wende" hat nicht nur Freiheit und schon gar nicht Gesundheit und Wohlstand für alle gebracht. Ganz im Gegenteil bedrohen die destruktiven Kräfte eines ungebremsten Kapitalismus im Bündnis mit reaktionären Ideen weltweit die sozialen und ökologischen Grundlagen des Lebens und trachten danach, durch Beseitigung öffentlicher Kontrolle Demokratie wirkungslos zu machen.

Wir glauben, daß der Kampf für die humane Demokratie außerparlamentarisch wie auch parlamentarisch geführt werden muß. Die DL wurde als Partei gegründet in der Erkenntnis, daß das Angebot der bestehenden Parteien nicht ausreicht, um linke Politik in der parlamentarischen Demokratie kompetent und glaubwürdig zu verwirklichen.

Aufgaben des Staates (einschließlich der Kommunen)

Im demokratisch strukturierten Staat verwirklicht sich das Prinzip von der demokratischen Entscheidung einerseits über öffentliche Aufgaben und andererseits über die öffentliche Kontrolle aller Angelegenheiten von öffentlichem Interesse. Darüber hinaus soll der Staat:

  • das Recht aller auf Beteiligung an Einkommen und Erwerbsarbeit materiell sichern,
  • nicht ausreichend marktfähige Leistungen pflegen und fördern (insbesondere Kunst, Kultur und Wissenschaft),
  • für sozialen Ausgleich sorgen,
  • Gemeinschaften und Individuen übergangsweise dabei helfen, existenzbedrohende Krisen zu bewältigen.,
  • Individuen, die nicht für sich selbst sorgen können, eine würdige Existenzgrundlage geben.

Der Staat soll im Dienste aller BürgerInnen effizient arbeiten. Wir sind entschiedene Gegner von Bürokratismus, der sich selbst dient, die BürgerInnen in ihrer freien Entfaltung unnötig behindert und in parasitärer Funktion Ressourcen verschlingt. Eine "Verschlankung" des Staates im Sinne eines Rückzugs auf seine "Kernaufgaben" lehnen wir aber ab. Den Staat auf ein hochprivilegiertes Repressionsinstrument zur Absicherung der besonderen Interessen der wirtschaftlich Starken zu reduzieren, ist ein reaktionäres Konzept, das mit unserem Staatsverständnis nicht vereinbar ist.

Wettbewerb fördert effiziente Aufgabenerfüllung, setzt aber nicht notwendig "Privatisierung" voraus. Ob Aufgaben von öffentlichem Interesse in staatlicher, halbstaatlicher oder privater Organisations-/Eigentumsform erfüllt werden, ist keine Glaubensfrage sondern eine Frage:

  • der betriebswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit im konkreten Einzelfall,
  • der Verwirklichungserfordernisse politischer Zielsetzungen,
  • der erwünschten Einheitlichkeit der Durchführung bzw. Vielfalt des Angebots sowie
  • der Erfordernisse und Möglichkeiten öffentlicher Gestaltung und Kontrolle.

In Berlin lehnen wir u.a. ab:

  • die Privatisierung der städtischen Eigenbetriebe und Anstalten des öffentlichen Rechts und den Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften.

Besonders die Änderung von öffentlichen in private Rechtsformen - mit öffentlichem Eigentum bzw. in Mischform mit privater Beteiligung - führt zur Bildung von "Schattenhaushalten" außerhalb parlamentarischer Kontrolle und zur Förderung von Filz und Korruption.

In Berlin fordern wir u.a.:

  • die Rekommunalisierung des Energiesektors,
  • die (Rück-)Umwandlung der Wohnungsbaugesellschaften in handlungsfähige und - für die MieterInnen - mitwirkungsfähige öffentlich-rechtliche Organisationen.

Demokratie/BürgerInnenbeteiligung

Das konsequente Eintreten für die demokratischen Rechte der BürgerInnen ist ein Grundanliegen der Partei. Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit wollen wir erreichen, daß nachvollziehbare politische Entscheidungsprozesse mit den BürgerInnen möglich werden. Weniger Bürokratie und Dezentralisierung im Zusammenhang mit der Erhöhung der Entscheidungskompetenz der Bezirke gehören aus unserer Sicht dazu. Die schwachen kommunalen Parlamente verkommen Dank des Bezirksverwaltungsgesetzes zu einer mehr als scheinheiligen Angelegenheit, die schon in dem - überwiegenden - Empfehlungscharakter von Beschlüssen liegt. Entgegen vorherrschender Rhetorik verschärft die beschlossene Verwaltungs- und Gebietsreform die traurige Lage zusätzlich.

Dagegen ist im Zusammenhang mit der Erhöhung der Entscheidungskompetenz der Bezirke auch eine Stärkung der Bezirksparlamente erforderlich. Viele reden von dem "Gläsernen Rathaus", aber die Strukturen der Parteien und Fraktionen, die politisch so unterschiedliche Zusammensetzung der Bezirksämter und auch des Senates führt zu einer Geheimniskrämerei, die politische Entscheidungen unverständlich machen. Wir wollen uns dafür einsetzen, daß das allgemeine Mitspracherecht von Betroffenenvertretungen und anderen Initiativgruppen in ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Mitbestimmung umgewandelt wird. Die Grundlage für die BürgerInnenbeteiligung ist ein rechtzeitiges Informieren der Betroffenen (Lobbyarbeit sowie Beeinflussung der öffentlichen Meinung) und auch die Befähigung der Betroffenen, durch vielfältige Unterstützung für ihre Interessen zu kämpfen und Erfolge zu erzielen.

In der BürgerInnenbeteiligung müssen neue Wege gefunden werden, die eine fachlich kompetente Struktur unterhalb der Bezirksebene als wichtiges Instrument der behutsamen Stadtentwicklung gewährleisten. In der Innenstadtkonferenz wurde gefordert, "eine Wende in den Köpfen einzuleiten". Hierzu müssen keine Quartiere "gemanagt", sondern vorhandene Initiativen wirksam unterstützt werden. Gerade Ausstellungen in kleinen Kiezläden vor Ort und der Kampf für Stadtteilläden, in denen verschiedene Projekte durch die räumliche Zusammenlegung eine soziale und kulturelle Vernetzung möglich machen, erhöhen den Willen der BewohnerInnen, sich aktiv mit ihrem Kiez zu identifizieren und ihn mitgestalten zu wollen. Die Betroffenen wollen für ihr soziales, ökologisches und politisches Umfeld Veränderungen im Kleinen erreichen, sie sind entscheidend für die basisdemokratische Entwicklung von Politik.

Finanzpolitik

Die zunehmende öffentliche Armut bei zunehmendem individuellem Reichtum Weniger bedroht das Gemeinwesen insgesamt. Der - unter Verweis auf die Sachzwänge der sogenannten "Globalisierung" - zunehmende Verzicht auf die adäquate Besteuerung wirtschaftlich starker Organisationen und Individuen bei gleichzeitiger Subventionierung derselben mit Zuschüssen in Milliardenhöhe ist ein katastrophaler Irrtum. Der Staat kann nicht darauf verzichten, zur Erfüllung seiner Aufgaben angemessene Mittel aus Steuern einzunehmen. Dafür soll gelten, daß:

  • das Steuersystem einfach ist,
  • die Besteuerungsgrundlage breit ist (keine Ausnahmen) zugunsten im Durchschnitt eher niedriger Steuersätze,
  • besteuert wird, wer leistungsfähig ist und/oder ökologisch Schädliches tut.

Wir unterstützen die ökologische Steuerreform unter Beachtung sozialer Kriterien. Der Grundbedarf an Energie muß steuerfrei gestellt werden. Das Existenzminimum muß nicht nur hinsichtlich der Einkommens-, sondern auch hinsichtlich der Umsatz- und Verbrauchsbesteuerung steuerfrei sein.

Die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit hilft auch dem sozialen Ausgleich. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes unter 50% lehnen wir ab. Die Vermögensbesteuerung ist verfassungskonform wiedereinzuführen.

Personal der Finanzverwaltungen, das nach durchgreifender Vereinfachung des Steuersystems ohne Beschäftigung ist, soll zur Eintreibung umgangener und hinterzogener Steuern sowie zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität eingesetzt werden.

Wirtschaft und Arbeit

Der rasante Produktivitätszuwachs und die damit einhergehende dramatische Verringerung des Arbeitsbedarfs führen unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen zu einem Überangebot an Arbeitskraft, das die ArbeitnehmerInnen in eine hoffnungslose Marktposition versetzt. Massenhafter Ausschluß von Erwerbsarbeit und Lohnsenkung einschließlich der Beseitigung sozialer Standards ("Lohnnebenkosten") sind die Folge. Die Antwort kann aber letztlich nicht sein, die Arbeit weiter zu verbilligen, und sei es durch Subventionen. Denn dadurch würde die Verteilungsfunktion des Lohnes außer Kraft gesetzt. Wir wollen dagegen die verhängnisvolle Entwicklung durch Verknappung des Angebotes an Arbeitskraft und Arbeitszeit ohne Ausgrenzung umkehren - durch Änderungen in der Arbeitsgesetzgebung und öffentliche Betriebe, die steuerfinanziert werden, soweit sie sich nicht selbst tragen:

  • Die gesetzliche Arbeitszeit wird nach französischem Vorbild verkürzt (z.B. 35-Stunden-Woche, 32 Stunden für Eltern), die rechtliche Möglichkeit zur folgenlosen Ablehnung von Überstunden ausgedehnt.
  • Jede/r ArbeitnehmerIn erhält das Recht auf Teilzeitarbeit. ArbeitnehmerInnen, die im Rahmen von Teilzeitarbeit aus dem Betrieb zeitweilig ausscheiden, erhalten ein gesetzlich verbürgtes Rückkehrrecht, das nur durch eine betriebsbedingte Kündigung mit allen Schutzmechanismen durchbrochen werden kann.
  • Zur Bewältigung dringender Infrastruktur- und Umweltaufgaben werden neue öffentliche Betriebe mit regulären Arbeitsverhältnissen geschaffen, die ArbeitnehmerInnen entsprechend ihrer Qualifikation einstellen und weiterqualifizieren. Hierzu sind Mittel von der Bundes- auf die kommunale Ebene umzuverteilen.
  • Soziale Komponenten des Mietrechts und der Wohnraumversorgung (Begrenzung des Mietpreisanstiegs, Mietspiegel, Wohngeld) sind analog auch für verdrängungsgefährdetes Kleingewerbe einzuführen.

Wir verkennen nicht, daß die notwendige Umverteilung von Einkommen und Arbeit eine Machtfrage ist wie kaum eine andere. Aufgabe von Politik ist es jedoch, Machtfragen zu entscheiden und Machtkämpfe durchzustehen, statt ihnen auszuweichen und das Notwendige zu unterlassen.

Umwelt, Stadtentwicklung und Verkehr

Die Entwicklung der großen Städte ist heute - insbesondere auch in Berlin - gekennzeichnet durch Ghettoisierung und Stadtflucht; die soziale Mischung der Bevölkerung wird zerstört. Zugleich wird die Stadt umfassend privatisiert, und von den herrschenden Kräften als "Unternehmen Berlin" begriffen; öffentliche Gestaltung und Kontrolle werden ausgehöhlt. In Verbindung damit werden Fragen der Stadtentwicklung zunehmend unter dem Gesichtspunkt der inneren Sicherheit behandelt. Die Beseitigung der Armen - nicht der Armut - in den Innenstadtbezirken steht für das Image einer sauberen Metropole. Die Polizeidichte und die Zahl der privaten Sicherheitsdienste sollen noch weiter erhöht werden. PolitikerInnen aller Couleur rufen die BürgerInnen dazu auf, sogenannte Präventionsräte zu bilden, um AbweichlerInnen zu denunzieren und selbst für Ordnung im Stadtbezirk zu sorgen.

Wir verurteilen:

  • die fortschreitende Privatisierung des öffentlichen Raumes,
  • die Kriminalisierung immer breitere Bevölkerungsschichten bei gleichzeitiger Verschleierung der wahren Formen, Ausmaße und Ursachen der Kriminalität,
  • die Bildung von sogenannten Präventionsräten und jede Art von Denunziation.

Wir treten für einen konsequent ökologischen Ansatz in der Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Verkehrspolitik ein. In dem Wissen, daß eine weitere Vergeudung von Ressourcen letztlich nur in einer großen Katastrophe enden kann, lehnen wir Großprojekte wie Potsdamer Platz, Tiergartentunnel, Havelausbau, Autobahnen und riesige geldverschlingende Entwicklungsgebiete ab.

Wir sind der Auffassung, daß sich die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen in Berlin nur in einer behutsamen Stadtentwicklung flexibel und bürgernah gestalten lassen. Daher treten wir gerade auch in der Stadtentwicklung konsequent für eine aktive BürgerInnenbeteiligung ein. Wir sind dafür, BürgerInnenbeteiligungsverfahren weiter zu entwickeln und den gesamten Bereich der BürgerInnenpartizipation auszubauen, statt ihn im Interesse von Zentralisierung und vorgeblicher Effektivierung zurückzustutzen. Die Fehlschläge bei Großprojekten wie z.B. den Olympiaplanungen zeigen, daß Stadtpolitik mit und nicht gegen die Betroffenen oder an ihnen vorbei gemacht werden darf.

Wir fordern die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Begutachtung der Umweltverträglichkeit von Bauvorhaben. Die Umweltverträglichkeit als generelles Kriterium innerhalb der Baugenehmigungsverfahren, der Fortschreibung der Bereichsentwicklungspläne (BEP) und allen anderen Planungen muß festgeschrieben werden.

Eindeutigen Vorrang haben in diesem Zusammenhang

  • der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV): Eine nachhaltige Verbesserung (Taktfrequenz, Geschwindigkeit, Bequemlichkeit) und Verbilligung des Öffentlichen Nahverkehrs soll zu einer massiven Zurückdrängung des Autoverkehrs führen.
  • die Fortschreibung und Umsetzung der Radwegekonzepte und die Verkehrsberuhigung von Wohngebieten.

Wir fordern ein Gesamtberliner Konzept für die Verkehrsplanung, das die Verringerung des motorisierten Individualverkehrs und den Ausbau des fahrgastfreundlichen ÖPNV bei Tarifen, die für die BürgerInnen bezahlbar sind.

Keine Befürwortung findet die Planung und Unterstützung von Tiefgaragen und Parkleitsystemen, da eine weitere Verschlechterung der ökologischen Situation und damit der Lebensqualität für die BewohnerInnen nachweislich eintritt.

Wir sind für schnelle und nachhaltige Lösungen, um dem partiellen Grünflächendefizit in unserer Stadt entgegenzuwirken. Die Erhöhung des Biotopflächenfaktors (BFF) auf 0,6 für Neubau- und Umbauvorhaben in Wohngebieten im Zusammenhang mit den Landschaftsplänen ist eine wichtige Forderung, um wirklich zu einer Verbesserung und Erhöhung des Grünanteiles in der Stadt zu kommen. Die bisherigen, niedriger angesetzten Faktoren sind reine Augenwischerei und manifestieren bzw. verschlechtern die jetzige Situation.

Berlinweit fordern wir die Durchführung eines spektakulären Programms "Berlin wird grün" mit Baumpflanzungen, ökologischer Aufwertung von Parkanlagen und Brachen, neuen, begrünten Stadtplätzen, Kinderspielplätzen und Spielstraßen sowie begrünter, sicherer Verbindungen zwischen diesen in allen hochverdichteten Stadträumen.

Bauen und Wohnen: Wohnen für alle überall

Die weitere Verdichtung, z. B. durch Blockrandschließungen, erweiterte Geschoßflächenzahlen und Dachausbau lehnen wir ab, wenn dies zur Verschlechterung der Lebensqualität der BewohnerInnen führt, gerade weil Infrastrukturen in der Regel nicht angepaßt werden bzw. eine Anpassung nicht möglich ist.

Bei Bauvorhaben müssen bereits in der Phase der Bauvoranfragen die Belange des Bestandsschutzes und der BewohnerInnen sowie der sozialen Verträglichkeit überprüft und berücksichtigt werden. Hierbei ist nicht nur der rechtliche, sondern gleichberechtigt auch der politische Standpunkt zu bewerten.

Bezahlbares Wohnen im Zusammenhang mit dem Erhalt der vorhandenen Gebäudesubstanz und die Beseitigung von Wohnungsleerstand durch Selbsthilfe und Sanierung haben den Vorrang vor Abriß und Neubau. Preiswerter Wohnraum soll für Bedürftige verstärkt instandgesetzt, instandgehalten und neu geschaffen werden. Bereits vom Senat abgeschaffte oder abgeschwächte Gesetze, Richtlinien oder Bestimmungen zum genannten Zweck sind wiedereinzuführen bzw. entsprechend zu modifizieren.

Wir wollen uns besonders für den Bau von Sozial-, Senioren- und Behindertenwohnungen, die Förderung von MieterInnensanierung, Wohnungstausch und Hofbegrünungen, auch mit öffentlichen Zuschüssen, einsetzen.

Der soziale Wohnungsbau muß die Förderung der MieterInnen und nicht die Subventionierung der Bautätigkeit in den Vordergrund stellen; er darf nicht länger als Pfründe für Banken und Baugesellschaften auf Kosten der Allgemeinheit mißbraucht werden.

Billiger Wohnraum muß in allen Stadtquartieren für unterschiedliche bedürftige Gruppen und Individuen bereitgehalten werden: Gemeinschaften, Familien, Jugendliche, alte Menschen etc. Hierzu müssen auch wieder geeignete Altbauten von der Stadt erworben werden.

Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Verhinderung von spekulativer Wohnraumvernichtung und spekulativem Leerstand sind konsequent anzuwenden. Wichtig ist weiterhin der Schutz der zunehmenden sozial schwachen Bevölkerung auch durch besondere Gebiete wie Sanierungs-, Milieuschutz - und Entwicklungsgebiete mit Hilfe von mietenpolitischen Instrumentarien wie Mietobergrenzen, Zweckentfremdungsverboten, Begrenzung von Privatmodernisie-rung, Sozialplanverfahren, Infrastrukturmaßnahmen u. ä.

Die Wohnungsprivatisierung nach und außerhalb des AltSchuldenHilfeGesetzes (ASHG) durch die städtischen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften gehört mit zum Verkauf des Tafelsilbers und wird als mietenpolitischer Mißgriff auf das Schärfste verurteilt und abgelehnt. Ein Verkauf an kaufwillige MieterInnen und die Neugründung von Genossenschaften, um dauerhaft selbstbestimmten, bezahlbaren Wohnraum zu sichern, sollen jedoch unterstützt werden. Da Verkaufsinformationen derzeit nur sehr selten und eher zufällig an die MieterInnen gelangen, sind sie allerdings oft nicht in der Lage, ihr verbrieftes Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, daß eine umfassende Informationspflicht des Verkäufers mit Offenlegung aller Möglichkeiten für die MieterInnen eingeführt wird. Sollte ein Verkauf an Dritte stattfinden, sind den MieterInnen entsprechende Mieterschutzklauseln (z.B. dauerhafter Kündigungsschutz bei Umwandlung und Fehlen der angemessenen wirtschaftlichen Verwertbarkeit; Vorkaufsrecht der MieterInnen) vertraglich zuzusichern.

Das Instrument des Mietspiegels soll als in den Markt regulierend eingreifendes Moment beibehalten werden. Die Erfassung muß jedoch, anders als es bislang der Fall ist, zukünftig an Hand aller Ist-Daten erfolgen, um so den Markt widerzuspiegeln. Weiterhin muß eine allgemeine Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung des Mietspiegels eingeführt werden, um Vermietern die Ausnutzung von Notlagen Wohnungssuchender zu erschweren.

Eine Mieterhöhung bei Neuvermietung und ohne Wohnwertverbesserung wird abgelehnt. Auf diesem Gebiet soll die Marktwirtschaft eingeführt werden: Geld gegen Leistung. Erhöhungen durch wohnwertverbessernde Maßnahmen sollen nicht zu einer dauerhaften Mietsteigerung führen, sondern sind nach erfolgter Abschreibung aus der Miete wieder herauszurechnen.

Wenn Eigentümer ihrer Verpflichtung aus der grundgesetzlichen Sozialbindung des Eigentums nicht nachkommen, muß eine Ersatzvornahme durch die öffentliche Hand ermöglicht werden. Die Kosten sind über eine Grundschuldeintragung auf den Eigentümer oder die Eigentümergemeinschaft abzuwälzen. Die gesetzlichen Regelungen werden geschaffen.

Soziales, Bildung, Jugend und Kultur

In diesem komplexen Bereich wird trotz eindeutiger Gesetzeslage am rücksichtslosesten gespart. Die Tendenz des Sozial- und Kulturabbaues auf Landes- und Bundesebene wirkt sich immer deutlicher auf die Lebenssituation vieler Menschen in der Stadt aus. Die sozialen Konfliktpotentiale erhöhen sich. Kulturangebote reduzieren sich so, daß Kulturentwicklungspläne zur Makulatur werden; ebenso ist die Reduzierung der Jugendfreizeitangebote für die Entwicklung der nächsten Generationen sträflich. Die derzeitige Schul- und Ausbildungspolitik zeigt keine positiven Perspektiven auf. Entfremdung, Entwurzelung und Ausweglosigkeit nehmen zu. Die Schaffung von Alternativen und Angeboten für junge Menschen sind für uns ein vorrangiges soziales Ziel.

Zum Bereich Bildung fordern wir:

  • fachübergreifenden Unterricht,
  • die Beibehaltung der sechsjährigen Grundschule in Berlin,
  • bedarfsgerechte Schulmodelle,
  • den Ausbau von Mitbestimmungsrechten der SchülerInnen und Eltern,
  • die Sicherung der materiellen Anforderungen (u.a. Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln),
  • zur Vorbeugung der Überalterung des Lehrpersonals flexible Regelungen für kürzere Lebensarbeitszeiten.

Im Bereich Kultur sind wir für ein ausgewogenes Grundkulturangebot. Dazu gehören u.a. gut ausgestattete Bezirks- und Fachbibliotheken , Museen, Galerien ebenso wie Theater, Stadtplätze und besondere, Berlin als Hauptstadt entsprechende Aktionsmöglichkeiten.

Wir sind der Auffassung, daß Kultur für jede/n BürgerIn erlebbar sein muß. Es muß deshalb immer um Vernetzung und fachübergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche gehen. Wir wollen weiterhin Kulturentwicklungspläne für Berlin und die Bezirke.

Wir akzeptieren grundsätzlich, daß die Kultur in ihrer Gesamtheit subventioniert werden muß. Kommunale Kultureinrichtungen müssen erhalten bleiben und mit den vorhandenen und neuen privaten Kulturstätten in Konkurrenz und Zusammenarbeit treten.

Die Jugendarbeit muß sich an den Jugendlichen und nicht in erster Linie am Budget orientieren. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) muß vollständig und umfassend umgesetzt werden. Die Erarbeitung von Leistungskriterien der Jugendhilfe ist dringend erforderlich.

Arbeitszeitverkürzung für Eltern bei vollem Lohnausgleich und ein Angebot an bezahlbaren Familienreisen sollen auch bessere Rahmenbedingungen für die Erziehung durch die Eltern schaffen.

Den Jugendlichen müssen aber auch Orientierungshilfen von der Gesellschaft gegeben werden. Das langsame Ausbluten der Jugendfreizeiteinrichtungen muß beendet werden, und es müssen auch wieder neue, attraktive Einrichtungen hinzukommen. Die Jugendfreizeitarbeit soll mit der Jugendsozialarbeit besser verknüpft werden.

Hinsichtlich der Unterdrückung und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere auch durch zunehmende, nicht kindgerechte Arbeit, müssen die Jugendämter ihre Kontrollpflicht voll wahrnehmen.

In der Verwaltung muß die lösungsorientierte Arbeit gefördert werden. Entscheidungskompetenzen sind an die Basis zu verlagern; ein regelrechtes Management ist einzuführen, das es erlaubt, Prozesse zu leiten und zu steuern. Derzeitige schädliche interne Beschränkungen (z.B. pro Jahr und Bearbeiter nur eine Jugendausbildungsmaßnahme nach KJHG) sind aufzuheben.

Gesundheit

Wir setzen uns dafür ein, daß eine Grundversorgung für alle Menschen, gleichberechtigt für Kassen- und Privatpatienten und Menschen ohne Krankenversicherung (Obdachlose), gewährleistet ist. Darüber hinaus darf es keine gravierenden Unterschiede in der allgemeinen Versorgung zwischen Patienten geben - eine Drei-Klassen-Medizin (Privat-/gesetzlich/Sozialamts-Versicherte) lehnen wir ab.

Eine weitere Privatisierung von kommunalen Gesundheitseinrichtungen, insbesondere vorschnelle und kurzfristige Privatisierungspläne, werden wir nicht mittragen. Wir sind im übrigen für die Beibehaltung des dualistischen Systems in der Gesundheitspolitik.

Die Verantwortung für eine vorausschauende und vernünftige Gesundheitspolitik tragen der Bund und die Länder. In Berlin halten wir weitere Krankenhausneubauten derzeit nicht für notwendig. Vielmehr sind wir der Auffassung, daß das System der ambulanten Ärzte unterstützt und ausgebaut werden soll. Wir halten aber auch die öffentlichen Gesundheitsdienste für absolut notwendig.

Nach Abschaffung der Jugendgesundheitsförderung durch den Bund Anfang d. J. 1997 ist es sogar besonders wichtig, die Kompetenzen und Arbeitsfelder der öffentlichen Gesundheitsdienste zu erweitern. Insbesondere in den Bereichen Gesundheitsaufklärung, Erwerb von persönlichen und sozialen Kompetenzen sowie allgemeiner Prävention müssen neue Arbeitsaufgaben definiert werden.

Kommunale Einrichtungen sollen kostensparend arbeiten, aber nicht zu Lasten der Patientenversorgung. Dazu gehört auch, daß ausreichend motiviertes Personal verfügbar ist.

Die Kassen sind - wenn nötig per Gesetz - zu verpflichten, sinnvolle Kostenübernahmen zu tätigen. Dies gewährleistet auf der einen Seite die bessere Versorgung der PatientInnen und entlastet zugleich die Ausgabenseite. Z.B. kann es nicht angehen, daß nur teure Mammographie bezahlt wird, die billigere und schneller erkennende Ultraschalluntersuchung jedoch nicht.

Einseitige Zuzahlungen durch die PatientInnen, bei denen die Arbeitgeber im Gegensatz zu den Krankenkassenbeiträgen nicht beteiligt sind, und Beschränkungen ärztlicher Maßnahmen wollen wir aufheben (z.B. bei Rezeptverschreibungen), da sie einer sinnvollen Behandlung entgegenstehen.

Der Gesundheitsbegriff muß im übrigen umfassend, nämlich als soziale, physische und psychische Gesundheit angenommen und begriffen werden. Die Gesundheit ihrerseits muß nicht nur als individuelles Problem, sondern als eine gesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Auch in diesem Zusammenhang streben wir eine breite Diskussion aller gesellschaftlichen Kräfte über besonders aktuelle Themen, wie z.B. die Kostenerstattung für ÄrztInnen, sinnvolle Medizin und adäquate Finanzierung stationärer und ambulanter medizinischer Einrichtungen an. Regelungen sollen nicht erneut durch die Bürokraten und die Verfechter von Eigeninteressen getroffen werden, sondern nur im Konsens und im Interesse der BürgerInnen.

Innen-, Außen- und Sicherheitspolitik

Mit der Einführung des sogenannten "Großen Lauschangriffs", verstärkten Kontroll- und Überwachungsrechten, der Verkürzung des Rechtsschutzes gegen staatliche Willkür, dem Aufbau zentraler Überwachungs- und Speicherungseinrichtungen (auch im europäischen Maßstab), der zunehmenden Verschärfung der AusländerInnen- und Asylgesetzgebung und der damit verbundenen Kriminalisierung werden BürgerInnen- und Teilhaberechte einem immer größeren Teil der Bevölkerung faktisch entzogen.

Wir fordern:

  • die Zurücknahme des sogenannten "Großen Lauschangriffs" und anderer Eingriffe aus den letzten Jahren in zuvor geschützte Rechtsgüter,
  • die Stärkung und Ausweitung der BürgerInnenrechte aller, auch bisher ausgeschlossener Gruppen, AusländerInnen und Minderjähriger,
  • die Aufhebung der sogenannten Notstandsgesetze (Grundgesetzänderung von 1968),
  • die konsequente Bekämpfung des menschenfeindlichen, nationalchauvinistischen und gewalttätigen Rechtsradikalismus sowie der organisierten Kriminalität.

Das Asylrecht ist im Grundgesetz in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen. Die Vermeidung von Mißbrauch ist keine Angelegenheit von Gesetzen, sondern ausschließlich Aufgabe und Pflicht der Exekutive.

Flüchtlingen ist unbeschränkt Zuflucht zu gewähren; die Ermöglichung ihrer baldigen, sicheren Rückkehr vordringliche Aufgabe der Außenpolitik.

Bewaffnete Konflikte sind ausschließlich Folge unzureichender Konfliktprävention, des ökonomisch motivierten Waffenhandels und des Ausbeutungsdrucks, der seitens der Industrieländer auf die armen Länder der Erde ausgeübt wird. Wir fordern, daß alle verfügbaren wissenschaftlichen und praktischen Ressourcen zur Konfliktprävention systematisch zu nutzen sind. Kampfeinsätze zur Konfliktbewältigung lehnen wir ab. Beobachtermissionen und sogenannte friedenssichernde Maßnahmen können auch von zivilen Organisationen durchgeführt werden; die Bundeswehr soll sich an ihnen unbewaffnet beteiligen und nur dann, wenn sie unter dem Kommando der Vereinten Nationen stehen.

Die allgemeine Wehrpflicht soll umgehend abgeschafft, die Bundeswehr weiter verkleinert werden. Die freiwerdenden Mittel sind zur Schaffung von Arbeitsplätzen in wichtigen Zivilbereichen zu verwenden. Die gemeinnützige Arbeit (auch im Ausland) soll weiter gefördert werden; für Dienstpflichten besteht dagegen keine Rechtfertigung.

Die Vereinten Nationen sind zu stärken und umfassend zu demokratisieren; sie dürfen nicht länger ein Spiegelbild militärischer Machtverhältnisse sein.

Demokratische Linke
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Zuletzt geändert am 09.09.1999